Die Streetfotografie ist ein Subgenre der Fotografie mit langer Tradition. Ich stelle hier die berühmtesten und einflussreichsten Streetfotografen verschiedener Epochen vor.

Es gibt innerhalb der Street Photography unterschiedliche Stile und Herangehensweisen. Wie ich aufzeigen werde, hat auch immer die Fototechnik den fotografischen Prozess und somit den Bildstil beeinflusst. Zum Hintergrund: Ein Streetfoto wirkt grundsätzlich auf mehreren Ebenen. Die erste Ebene ist das Motiv und seine Umgebung. Es macht einen gewaltigen Unterschied, ob in Bielefeld eine Blaskapelle oder Tokyo ein einbeiniger Pirat mit Holzbein fotografiert wird. Die zweite Bildebene ist formeller Art. Es geht bei diesem Aspekt um die individuelle Gestaltung eines Fotos- beispielsweise durch die Technik. Es liegen Welten zwischen dem fotografischen Prozess einer modernen spiegellosen Kamera und einer Vollformatkamera mit Stativ.  

Wie alles begann (der erste Streetfotograf)

Lange Zeit waren Kameras technisch nicht in der Lage, mobil- also auf der Straße- eingesetzt zu werden. Erst Ende 1830 versuchte der französische Fotograf Louis Daguerre, aus einem Fenster heraus einen Abschnitt eines Pariser Boulevards zu fotografieren. Obwohl die Straße belebt war, sind auf dem Foto kaum Menschen zu erkennen. Das hat einen einfachen Hintergrund. Daguerre wählte eine Belichtungszeit von über 10 Minuten. Die nach heutigen Maßstäben lange Belichtungszeit, war für damalige Verhältnisse revolutionär kurz. Besonders interessant ist ein kleiner Ausschnitt des Fotos, auf dem ein Mann zu sehen ist, der sich die Schuhe putzen lässt. Der Mann, blieb offensichtlich lange genug stehen, um auf dem Bild festgehalten zu werden. Das erste Streetfoto (Boulevard du Temple, 1838) war erschaffen. 

Daguerre hat also schon sehr früh, die fesselnde Wirkung von Alltagsszenen und urbanen Umwelt erkannt. Ferner verdeutlicht das Foto, wie wichtig Bildkomposition in der Streetfotografie ist: Der erhöhte Standpunkt des Streetfotografen hebt die breiten Alleen, die von Bäumen gesäumten Bürgersteige und die charmanten Gebäude der französischen Hauptstadt gekonnt hervor.

Charles Nègre dokumentierte in den 1850er Jahren das rege Treiben auf der Straße. Nègre zeigte vor allem Arbeiter, Hausierer und Straßenmusikanten. Durch den Einsatz der Kalotypie, ein Papiernegativverfahren, das es erstmals ermöglichte, Bilder als Positive zu vervielfältigen und zu bearbeiten, gelang es ihm, die Energie der Straße in noch nie dagewesener Weise zu zeigen. 

streetfoto alt
Historische Straßenfotografie

Bei Eugène Atget, liegt der Fokus auf urbanen Ansichten. Die Gesamtatmosphäre seiner Fotos sowie die Kraft des Surrealen sind typische Elemente deiner Arbeit. Sein Werk bleibt ein Maßstab für spätere Fotografen.

Die Entstehung des Fotojournalismus

André Kertész und Brassaï, beide ungarischer Herkunft, sind frühe Vertreter einer neuen Klasse von Fotografen- den Fotojournalisten. 

Ungewöhnliche Blickwinkel und außergewöhnliche Aufnahmen von alltäglichen Motiven sind das Markenzeichen von Kertész. Mit dem Spiel von Licht und Schatten hat er Meisterwerke geschaffen.

Diese dokumentarischen Bilder, die immer neue Varianten des städtischen Alltags zeigen, haben ganz neue Perspektiven erschaffen und hierdurch der Streetfotografie neuen Auftrieb gegeben. In der Zwischenzeit hatte sich die Fototechnik sprunghaft weiterentwickelt, vor allem wurden die Kameras kleiner und erlaubten kürzere Belichtungszeiten. Im Ergebnis konnten die Fotografen dichter an die Motive herantreten. Der Franzose Henri Cartier Bresson war derjenige, der diese Kunst wie kaum ein anderer beherrschte. Durch Beobachtungsgabe, Geduld und Aufmerksamkeit hat er viele „decisive moments“ geschaffen. 

Auch in den USA entwickelte sich die Straßenfotografie weiter. Nach der Großen Rezession gab es viele reizvolle Motive für Streetfotografen wie Walker Evans und Dorothea Lange, die mit ihrer Arbeit dazu beitrugen, dass sich dokumentarische Fotografie und Street Photography annäherten. 

Streetfotografen nach dem zweiten Weltkrieg

Nach dem Zweiten Weltkrieg begann das Genre Street Photography zu erblühen. Die Zahl der Streetfotografen vervielfachte sich, die Technik machte weitere Fortschritte, und die Experimentierfreude beim Fotografieren nahm zu. In den 50er-, 60er- und 70er-Jahren begannen Straßenfotos, dynamischer zu werden. Gleichzeitig kamen Unvollkommenheit und Mehrdeutigkeit als weitere Bildelemente hinzu. Es entwickelte sich eine neue Ästhetik, die den Weg für den Stil der Straßenfotografie ebnete, wie wir ihn heute kennen.

street photography modern
In Abgrenzung zu oben: Moderne Streetfotografie

Aus dieser Epoche, sind vor allem folgende internationale Streetfotografen relevant:

Carrie Boretz

Seit über 40 Jahren porträtiert Carrie Boretz Menschen auf den Straßen New Yorks. Hierbei sind sehenswerte Schwartz-Weiß-Fotos entstanden. 

Joel Meyerowitz

Und noch ein Fotograf, der unentwegt in den Straßen New Yorks fotografiert. Meyerowitz ist Vertreter der „New Color Photography”. Sein Arbeitseifer ist bis heute ungebrochen und er schert sich nicht um Konventionen- Meyerowitz nutz gerne das Handy für seine Fototouren.  

William Eggleston

Eggleston gilt zurecht als Wegbereiter der künstlerischen Farbfotografie. Aber nicht nur das. Eggleston versteht es wie kein anderer Streetfotograf, die Schönheit und das Geheimnisvolle im Alltäglichen zu sehen. Seine Fotos haben stets ein Element des Rätselhaften- das macht sie so einmalig. 

Robert Frank

Mit seinem Bildband „The Americans“ (1958) hat Frank die Fotowelt verändert. Eine bahnbrechende Ästhetik, die Sozialkritik mit dokumentarischen Stilelementen und Street vermischt. Seine neue Art der Fotografie wird oftmals als „snapshot aesthetic“ bezeichnet. Hiermit ist eine oftmals düstere Art der Fotografie gemeint, die spontan, und impulsiv ist. In den 1960er Jahren wurde der „Schnappschuss“ zu einer populären Kunstform.

Saul Leiter 

Auch Leiter fand er seine Motive auf den Straßen New Yorks, setzte aber besondere Schwerpunkte. Seine abstrahierten Formen und innovativen Kompositionen sind von einer besonderer Qualität, die aus der Arbeit der anderen Vertreter der New York School herausragt. Leiter spielt er mit Farben und Bildausschnitten, um aus Alltagsszenen Stillleben zu erschaffen.

William Klein

Klein war nicht nur Fotograf, sondern auch Maler und Filmregisseur. Er lebte und arbeitete in Paris. Sein Werk ist kompromisslos und abseits gängiger Konventionen. Sein Stil ist direkt, mit starken Kontrasten und verschwommenen Konturen und steht damit in völligem Gegensatz zu der technisch perfekten, ästhetisch ausgerichteten Fotografie der 1950er-Jahre. 

Ted Croner

Croner ist vor allem für seine gespenstischen Nachtaufnahmen von New York City aus den 1940er und 1950er Jahren bekannt. Eine wohltuend andere Art der Street Photography.

Streetfotografen aus Deutschland

Natürlich gibt es auch in Deutschland hervorragende Streetfotografen. Bei den genannten Fotografen habe ich vor allem auf Relevanz wert gelegt. Die Aufzählung ist rein subjektiv und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. 

Das Straßenfotografie nicht nur Candid ist, beweisen die Arbeiten von Rudi Meisel, Joachim Brohm und Dirk Reinartz. Alle drei Fotografen sind für ihre dokumentarischen arbeiten bekannt. Allerdings können viele ihrer Bilder der Streetfotografie zugeordnet werden. Mehr Fotos zum dokumentarischen Ansatz findest du hier.  

Auch im Wedding ist Streetfotografie möglich.

Der Berliner Fotograf Holger Biermann, hat einen ganz andren Stil. Biermann verknüpft auf einzigartige Weise Urbanität mit Street Photogrphy. Biermann hat viele Zines über Berlin veröffentlicht. Interessant sind auch die Arbeiten des Künstlerduo Quitzi & Ölat, die das Alltagsleben des Berliner Stadtteils Wedding dokumentieren. Eine besondere Aufmerksamkeit verdient Hansgert Lambers. Seine Fotos verdichten die Zeit, so sagt man. Lambers hat vor allem in West-Berlin  Straßen, Menschen urbane Kulissen fotografiert. Seine Fotos beinhalten- wie bei Eggleston- immer feine Details, die den Arbeiten eine fast schon magische Stimmung verleihen.  

Auch in Hamburg findet viel Straßenfotografie statt. Der bekannteste Streetfotograf aus Hamburg ist Günter Zint. Zint war viele Jahre auf St.Pauli unterwegs und hat eindrucksvolle fotografische Werke erschaffen. Auch Heinrich Klaffs hat viel in Hamburg fotografiert, bekannt ist er durch seine Arbeit über den Stadtteil St. Georg geworden.