Du liebst es, die urbane Umwelt fotografisch zu erkunden? Dann zeige ich dir, welche Kameras sich für die Streetfotografie am besten eignen.

Zunächst möchte ich aufzeigen, welche technischen Voraussetzungen die Kameras mitbringen sollten. Die gute Nachricht ist, dass Street Photography nicht besonders anspruchsvoll ist, was die Technik betrifft. Andererseits ranken sich viele Mythen um die „richtige“ Kamera. Alldem möchte ich an dieser Stelle ein wenig intensiver nach gehen.

Kameratechnik

Der richtige Body (klein und leicht)

Wenn du viel auf den Straßen unterwegs bist, ist “klein und leicht” natürlich immer willkommen. Es ist angenehm, die Kamera auch einmal in die Jackentasche stopfen zu können. Und auf langen Wanderungen kann das Gewicht einer großen Kamera manchmal nerven. Andererseits bringen kleine Kameras auch Nachteile mit sich. Der Funktionsumfang ist geringer, bei einigen Modellen ist der Sensor kleiner und andere Kameras haben keinen Sucher. Letztlich müssen die persönlichen Präferenzen definiert werden, anders kommt man nicht zum Ziel.

An dieser Stelle soll auch mit einem Mythos aufgeräumt werden: Eine Streetkamera ist kein Werkzeug für Spione. Die Kamera muss nicht zwingend klein und unauffällig sein, damit man besser Menschen fotografieren kann. Wenn Menschen ins Gesicht geblitzt wird, um beispielsweise Effekte wie Bruce Gilden zu erzielen, spielt die Größe der Kamera keine Rolle. Wenn man aber sowieso Distanz hält, um die Umgebung in die Bilder einzubauen, merken die meisten Personen nicht, dass sie fotografiert werden. Die Farbe der Kamera ist übrigens vollkommen egal. Es muss keine Tarnfarbe sein. Pink ist auch ok.

Die richtige Brennweite

Als klassische Brennweite für Streetfotografie gelten 28 mm, 35 mm und 50 mm. Oftmals wird empfohlen Festbrennweiten zu verwenden. Das ist nicht grundsätzlich falsch. Denn Festbrennweiten sind klein und leicht (s.o.), zudem sind sie lichtstark. Das sind Zoomobjektive heutzutage aber auch. Außerdem sind keine Qualitätseinbußen zu befürchten. Die Fototechnik hat diesbezüglich in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. Der große Vorteil der Zooms ist natürlich die Flexibilität.

Sevilla Street Photography
Ohne Weitwinkel wäre dieses Foto so nicht möglich gewesen. Da hilft auch kein Positionswechsel. Aufgenommen in Sevilla mit 24 mm.

Aufgrund des großen Brennweitenbereichs, können ganz andere Bildergebnisse als mit Festbrennweiten erzielt werden. Ich will weder auf die 24 mm noch die 75mm bzw. 120 mm am langen Ende verzichten. Was hat das alles mit Kameras zu tun? Ganz einfach, viele Kompaktkameras haben fest verbaute Festbrennweiten (Ricoh GRIII, Leica Q 2 um nur zwei Beispiele zu nennen). Auch hier gilt der Grundsatz, dass fotografische Ziele definiert und Prioritäten gesetzt werden müssen.

RAW oder JPEG?

Die Frage müsste eigentlich lauten, wie wichtig dem geneigten Fotografen Filmsimulationen sind. Denn natürlich sind heutzutage alle Kameras in der Lage, JPEGs und RAWs zu erzeugen.
Grundsätzlich bieten zwar alle Kamerahersteller Filmsimulationen an, beispielsweise Nikon (siehe hier), aber Fuji verfolgt diesen Weg am konsequentesten und hat einige schöne kamerainterne Presets entwickelt.

Meine Meinung zu dem Thema: Inzwischen fotografiere ich wieder fast ausschließlich in RAW. Mein Workflow ist so ausgestaltet, dass es anders keinen Sinn macht. Trotz feiner Filmsimulation gehe ich doch immer über Lightroom, um einige kleine, aber wichtige Bearbeitungsschritte durchzuführen (Dynamikregler, Helligkeit, Bildausschnitt, Begradigung). Wenn man das sowieso macht, ändert der eine Klick an ein Preset auch nicht viel. Das hat aber den entscheidenden Vorteil, dass zu Hause in Ruhe überlegt werden kann, welches Preset am besten passt.

Am Ende des Tages ist es wie bei den anderen Kriterien: Es kommt auf den persönlichen Geschmack an.

Sonstige Ausstattung

Das ist der vielleicht wichtigste Abschnitt dieses Artikels. Die Kameras bieten zwar alle dieselbe Bildqualität, verfügen aber jeweils über bestimmte Ausstattungsmerkmale, die andere Kameras nicht haben. Für die Straßenfotografie sind meines Erachtens folgende Ausstattungsmerkmale von Bedeutung:

Sucher: Der Sucher ist unerlässlich für die Bildkomposition. Zudem ist das Feeling beim fotografieren ein anderes. Bei Nutzung des Displays, kommt unweigerlich ein Handyfeeling auf.

Autofokus: Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die Güte bzw. Geschwindigkeit des Autofokus für die Street Photography keine große Bedeutung hat. Andererseits möchte ich den Autofokus nichts gänzlich missen.

Sensorgröße: Für die Straßenfotografie muss es nicht zwingend Vollformat sein. Das Freistellen von Motiven wird sehr dosiert eingesetzt, der große Sensor kann seine Vorteile also nur bedingt ausspielen. Diese Regel gilt nicht, wenn vor allem nachts fotografiert wird. Dann kommen die kleinen Sensoren schnell an ihre Grenzen.

Bedienung: Dieser Punkt wird etwas überschätzt. Natürlich muss die Kamera gut in der Hand liegen. Aber aus der eigentlichen Bedienung sollte keine Wissenschaft gemacht werden beziehungsweise die Unterscheide sind geringer als man denkt.

Selbstverständlich macht es keinen Spaß, sich durch diverse Untermenüs zu klicken, um Parameter zu ändern. Vor allem in der Street Photography, muss es ja manchmal schnell gehen. Andererseits, lassen sich fast alle (Grund-)Einstellungen zu Hause vornehmen. Ich lege dann fest, ob JPEG oder RAW und stelle die ISO-Automatik ein. Da ich nur in Halbautomatik fotografiere, stelle ich noch den entsprechenden Modus ein. Auf der Straße, muss dann nur die korrekte Blende (oder Verschlusszeit) eingestellt werden. Es macht in der praktischen Anwendung aber keinen Unterscheid, ob das per Einstellrad am Gehäuse (wie z.B. bei den meisten Fuji Kameras) oder durch ein Drehrad (PMAS- Kameras, z.B. Nikon D7500) gemacht wird. Aber fraglos sehen die Einstellräder am Gehäuse gut aus und ich nutze sie gerne. Das ist aber nur „nice to have“.

Die besten Kameras für die Street Photography

Es ist nicht die Intension dieses Artikels alle Kameras gegeneinander zu testen. Das würde auch den Rahmen sprengen, denn die Auswahl an geeigneten Kameras ist riesig. Zudem bin ich der Meinung, dass die Bildqualität bei allen Kameras ausreichend gut ist. Trotz alledem gibt es Kameras, die immer wieder genannt werden, wenn es um Street Photography geht. Diese möchte ich kurz vorstellen und die jeweiligen Vor- und Nachteile aufführen. Zudem möchte ich meine persönlichen Favoriten benennen und erklären, warum ich diese Kameras schätze. Letztlich geht es darum, dass du dich mit der Kamera wohlfühlst, du sie gut bedienen kannst und sich deine Ideen mit der Kamera und den verfügbaren Objektiven umsetzen lassen.

In eine Preisdiskussion möchte ich nicht einsteigen. Das macht keinen Sinn.

Ricoh GR III

Wichtigste Merkmale: Die kleine Ricoh gibt es in zwei Varianten. Entweder mit 28 mm oder mit 40 mm. Die Objektive sind jeweils fest verbaut und haben eine Lichtstärke von 2,8. Die Kamera hat einen APSC- Sensor und das Gehäuse ist stabilisiert.

Das fehlt: Mich persönlich stören der fehlende Sucher (gibt es als Zubehör, macht die Kamera aber nicht kleiner und ist teuer) und der eingeschränkte Brennweitenbereich, denn viele meiner Bilder nehme ich in 24 mm auf.

Ricoh GR III Streetfotografie Kamera
Die Ricoh GR III ist bei Streetfotografen beliebt- inzwischen gibt es sie in zwei Varianten.

Die Kamera passt du dir wenn:
▶ Dir der fehlende Sucher egal ist
▶ Du nicht extreme Weitwinkel nutzt
▶ Du eine kleine Kamera suchst, die wenig wiegt und in die Jackentasche passt
▶ Auf APSC nicht verzichten möchtest

Fuji X100V

Wichtigste Merkmale: Die Fuji hat ein fest verbautes 35mm Objektiv und ist mit einem Sucher ausgestattet. Die Kamera hat einen APSC- Sensor und einen Sucher.

Das fehlt: Mich persönlich stört nur der eingeschränkte Brennweitenbereich, denn viele meiner Bilder nehme ich in 24 mm auf.

Fuji X100 v Kamera Streetfotografie
Die Fujifilm X 100 V sieht nicht nur toll aus, sondern macht auch richtig gute Bilder.

Die Kamera passt du dir wenn:
▶Dir Filmsimulation wichtig sind
▶Du eine relativ kleine Kamera suchst
▶Du auf APSC nicht verzichten möchtest
▶Du gerne mit 35 mm fotografierst und auf extreme Weitwinkel verzichten kannst

Leica M 11

Wichtigste Merkmale: Die Leica ist für Wechselobjektive konzipiert. Das bedeutet, dass du an die Kamera alles Schrauben kannst, was Leica jemals für den M-Mount konzipiert hat. Hinzu kommen Objektive von div. Drittherstellern (das spart ein wenig Geld). Die Kamera hat einen Vollformatsensor und ist mit einem Sucher ausgestattet.

Das fehlt: Mich persönlich stört an der Kamera lediglich der fehlende Autofokus.

Leica M11 Kamera für Streetfotografie
Die Leica M 11 ist die neuste Version des Klassikers. Hinzukommen sind Derivate wie die M- Monochrom.

Die Kamera passt du dir wenn:
▶Du gerne mit Sucher fotografierst
▶Du maximale Flexibilität bei Brennweiten suchst
▶Auf Vollformat nicht verzichten möchtest
▶Du kein Problem mit manuellem Fokus hast

Leica Q 2

Wichtigste Merkmale: Die Leica ist als hat ein fest verbautes 28 mm Objektiv (Lichtstärke 1,7) und ist mit einem Sucher ausgestattet. Die Kamera hat einen Vollformatsensor.

Das fehlt: Mich persönlich stört an der Kamera lediglich der eingeschränkte Brennweitenbereich.

Leica Q2 Kamera Streetfotografie
Wer Leica und Autofokus will, kommt an der Q 2 nicht vorbei.

Die Kamera passt du dir wenn:
▶Du gerne mit Sucher fotografierst
▶Du nicht extreme Weitwinkel nutzt
▶Auf Vollformat nicht verzichten möchtest

Lumix LX 100 II

Wichtigste Merkmale: Die kleine Lumix hat ein fest verbautes 24 mm- 75 mm (Lichtstärke 1.7-2.8) Zoomobjektiv. Die Kamera hat einen MFT- Sensor, das Gehäuse ist stabilisiert und die Kamera hat einen Sucher.

Das fehlt: Mich persönlich stört nur der relativ kleine MFT Sensor. Nachts liefert die Kamera nicht die besten Ergebnisse. Mehr zur Lumix LX 100 II findest du hier.

Lumix LX 100 II Kamera für Streetfotografie
Die Lumix bringt alles mit Streetfotografen brauchen- und das in kompakten Abmessungen.

Die Kamera passt du dir wenn:
▶Du gerne mit Sucher fotografierst
▶Du gerne extreme Weitwinkel nutzt und auf ein lichtstarkes Zoom nicht verzichten möchtest
▶Du eine kleine Kamera suchst, die wenig wiegt und in die Jackentasche passt

Nikon D7500

Wichtigste Merkmale: Die Nikon ist für Wechselobjektive konzipiert. Du kannst somit jedes Objektiv verwenden, das Nikon jemals für den F-Mount gebaut hat. Hinzu kommen Objektive von Drittherstellern, was die Auswahl nochmals vergrößert. Die Kamera hat einen APSC-Sensor und verfügt über einen Sucher. (Anmerkung: Diese Ausführungen gelten so im Wesentlichen auch für andere DSLR/ DSLM Modelle von Nikon oder Canon).

Das fehlt: Mich persönlich stört nichts an der Kamera.

nikon D7500 kamera für streetfotografie
Die perfekte Allround-Kamera. Die Nikon D7500 kann Landschaft, Sport, Familie, Portrait und Street!

Die Kamera passt du dir wenn:
▶Du gerne mit Sucher fotografierst
▶Du maximale Flexibilität bei Brennweiten suchst
▶Auf APSC nicht verzichten möchtest
▶Die Kamera nicht nur für Street nutzen möchtest, sondern eine Kamera suchst, die alles kann

Alles Leica oder was?

Dieser Exkurs sei erlaubt, weil uns die Werbung glauben lassen will, das „Profis“ mit Leica fotografieren. Also nur mit Leica. Hierzu ganz kurz meine Meinung: Leica baut hervorragende Kameras, die sich sehr gut für die Streetfotografie eignen. Zwei Modelle habe ich oben aufgeführt.
Fakt ist aber auch, dass diese Kameras kein Wundermittel sind, um zu besseren Fotos zu kommen. Die Bildqualität ist dieselbe, im Vergleich zu Sony, Nikon oder Canon (oder jedem anderen Hersteller). Leica kann nicht zaubern und entwickelt gewiss keine besseren Sensoren. Natürlich sind die Objektive sehr gut, aber andere Hersteller leisten ebenfalls hervorragende Arbeit.

Trotzdem mag es reizvoll sein, mit einer wertigen Kamera zu fotografieren und oftmals reagieren die Menschen auf der Straße anders als auf eine DSLR/DSLM mit großem Zoom. Insofern gibt es zwar keinen Leica-Look, aber zumindest einen Leica-Effekt.

Fazit

Was haben wir also gelernt? Grundsätzlich eignen sich alle Kameratypen für die Street Photography, also DSLR, DSLM und Kompaktkamera gleichermaßen. Es kommt bei der Entscheidung auf die persönlichen Präferenzen an. Relevant sind in dieser Hinsicht fotografischer Workflow (Raw vs. JPEG), Handling (liegt die Kamera gut in der Hand?) und fotografische Ziele (welche Objektive benötigst du?).